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Patient Gesundheitswesen - StMin. Klaus Holetschek in Mühldorf |
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24.03.23 |
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Gründe und Ursachen für die kürzlich vorgestellte Umstrukturierung des Innklinikums als Folge ständig steigender Kosten und des frappierenden Personalmangels wollten die Landräte Max Heimerl und Erwin Schneider grundsätzlich anpacken. Dazu lud Max Heimerl Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek ein und holte Gesundheitsökonom Professor Dr. … Beivers online dazu.
So viele Zuhörer aus dem Gesundheitswesen kamen in den Haberkasten dass der Platz nicht ausreichte und einige stehen mussten.
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Landrat Max Heimerl freute sich über den hochrangigen Gast und führte in das Thema ein. Er beschrieb die drängenden Probleme mit dem Defizit der Innkliniken, dem Personalmangel in der Pflege und bei den Ärzten und auch die Schwierigkeiten, Ärzte zu bewegen sich im ländlichen Raum niederzulassen. Alles zusammengenommen kann dazu führen, dass die Gesundheitsdienste in den beiden Landkreisen nicht aufrechterhalten werden können. Alles zusammen zeigt, dass das Gesundheitwesen selbst zum Patienten geworden ist.
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Mit welchen Problemen Klinik und Arztpraxen zu kämpfen haben zeigte Julia Lerch von der Pressestelle des Landratsamtes in einem Video das wir als separaten Beitrag zeigen können.
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Staatsminister Klaus Holetschek war überzeugt, entscheidend für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens ist tatsächlich die Zahl Mitarbeiter und ihre Qualifikation. Die Bereitstellung von ausreichend qualifiziertem Personal genießt also höchste Priorität.
Mit dem Dank an alle, die Bayern so gut durch die Pandemie gebracht haben, war er überzeugt, es muss alles darangesetzt werden um die Arbeitsplätze in der Pflege so zu gestalten, dass sie Beruf und Familie vereinbaren können, nicht überfordert, weiter motiviert und ihren Beruf brennen. Konzepte dafür gibt es viele: Von Leiharbeit über Springerpools bis zur strikten Einhaltung der Arbeitszeit. Für all das kämpft er auch in Berlin.
Als ehemaliger Bürgermeister kennt er die Probleme bei der Reform der Krankenhäuser, die meistens auch emotional diskutiert wird. Wichtig sind aber nicht Emotionen sondern Fakten. Das gesamte System muss zurückgeführt werden auf eine bezahlbare und gute Medizin.
Es hat sich gezeigt, dass die vor 20 Jahren eingeführten Fallzahlen zwar wirtschaftlich beschleunigt, aber die Medizin geschwächt haben. Deshalb ist eine Reform nötig, die aber durchdacht eingeführt werden muss. So eine Reform muss sich an den Bedürfnissen der Patienten orientieren und an denen des ländlichen Raumes. Es nützt nichts wenn sich die Versorgung auf die Großstädte zurückzieht.
Unbestritten ist auch die Steigerung der Qualität. Obwohl verständlich ist, dass hoch spezialisierte Eingriffe nur in besonderen Kliniken durchgeführt werden können muss es auch in der Region gute und finanzierbare Versorgung geben.
Aktuell liegt ein Vorschlag eines Expertengremiums vor, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als Revolution im Krankenhauswesen bezeichnet. Wird dieses Konzept umgesetzt, werden die ländlichen Räume Probleme bekommen.
Dieses Konzept sieht Notfallstufen vor, sogenannte Level, dem 128 Leistungsgruppen zugeordnet werden. Mit diesem Konzept würden 50 bis 90 der 400 bayerischen Krankenhäuser im niedrigsten Level angesiedelt von dem man denkt, es wären gar keine richtigen Krankenhäuser mehr.
Nötig sind deshalb Länderöffnungsklauseln, Ausnahmetatbestände und eine Anpassung an die ländlichen Bereiche. Das hat man versucht und ist auch noch dabei.
Klaus Holetschek befürchtete die Finanzierung für die nötigen Anpassungen nicht zu bekommen, die künftig auf Vorhaltekosten basieren soll. Ähnlich der Feuerwehr, die auch bezahlt werden muss wenn sie keinen Einsatz hat.
Sein darf das allerdings so nicht weil sich dann die Versorgung nicht mehr an den Bedürfnissen der Regionen mit orientiert (O-Ton)
Außerdem kostet das gesamte System dann wesentlich mehr Geld. Fachleute denken, man braucht 100 Milliarden Euro für diesen Transformationsprozess. Fraglich ob Berlin das aufbringen will und kann. Der Freistaat hat schon jetzt 460 Millionen Euro im System und zusätzlcihe 100 Millionen für Härtefälle bereitgestellt. Und weitere 100 Millionen für den Strukturwandel kleinerer Häuser. Allerdings nicht um Betriebskosten abzudecken.
Und schließlich muss der Begriff „gute Versorgung“ neu diskutiert werden.
Klaus Holetschek verstand „gute Versorgung“ als die Zusammenarbeit von Kliniken, Fachärzten, Therapeuten und Pflegeeinrichtungeng. Nötig sind auf jeden Fall mehr Ärzte, die auch in neuen Strukturen arbeiten müssen. Ob in Praxen oder in medizinischen Versorgungszentren, die aber nicht renditeorientiert sein dürfen.
Dringend nötig ist auch eine Befreiung von der Bürokratie und der Justiz. Statt zu fragen wer schuld ist, muss alles wieder in die Mitte gebracht werden. Nötig sind viele kleine Schritte in vielen Bereichen, die den Erfolg bringen werden.
(O-Ton) Klaus Holetschek war überzeugt, Bayern ist auf einem guten Weg. Wenn alle zusammen helfen können sie vielleicht auch die Bundesregierung überzeugen.
Keinesfalls wird die bayerische Staatsregierung alles kritiklos hinnehmen was von dort kommt. (O-Ton)
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Die Podiumsdiskussion leitete der freie Journalist Nikolaus Nützel, der einem Arzthaushalt in der Oberpfalz entstammt und deshalb die Probleme aus seiner Heimat kennt.
Er bat zu Staatsminister Holetschek auch Innkliniken-Geschäftsführer Thomas Ewald aufs Podium, Landrat Max Heimerl und den Mühldorfer Hausarzt Peter Wapler.
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Seine Sicht der Dinge erläuterte Professor Dr. rer. pol. Andreas Beivers, der online zugeschaltet war. Er war überzeugt, das Dokument auf dem Bundesgesundheitsminister Lauterbach seine Reform aufbaut ist erst mal nur ein Expertenpapier das Grundlage für die weitere Diskussion ist.
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Was bei dem allem rauskommt, konnte Staatsminister Holetschek nicht sagen. Allerdings war er sicher, die Hausaufgaben für den Bund zu erledigen – wie so oft halt. (O-Ton)
Der Bund kann schließlich keine Reform durchführen für die das Grundgesetz die Zuständigkeit bei den Ländern vorsieht. Er möchte nur erreichen, dass die Versorgungssicherheit für die Bürger erhalten bleibt. Das Ziel muss sein, die gute wohnortnahe Versorgung aufrecht zu erhalten. Das funktioniert aber nur durch Öffnungsklauseln in der angedachten Reform des Bundes. So muss das hervorragend funktionierende bayerische Schlaganfall-Netzwerk erhalten bleiben. Es kann keine bundesweit einheitlichen Lösungen am grünen Tisch geben. Schließlich haben Stadtstaaten wie etwa Hamburg ganz andere Anforderungen wie Flächenstaaten wie NRW oder Bayern.
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Auch wenn sie sich schon auf den Weg gemacht haben, wünschte sich Innkliniken-Vorstandsvorsitzender Thomas Ewald weitere Unterstützung im aktuell kalten Strukturwandel der davon geprägt ist, dass Maßnahmen in Talkshows vorgestellt werden. Vor Ort kommt bislang nichts an. Obwohl die Mitarbeiter des Innklinikums während der Pandemie großartiges geleistet haben, hat sich die wirtschaftliche Situation so verschlechtert, dass sie derzeit Lichtjahre von der Normalität entfernt sind.
Obwohl er für das laufende Jahr einen Anstieg des Defizits erwartete plante Thomas Ewald 2024 durch verbesserter externer Faktoren wieder deutlich besser abzuschneiden. Auf jeden Fall unter 20 Millionen. Dafür haben sie bereits die bekannte interne Umstrukturierung in die Wege geleitet.
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Auf Nikolaus Nützls Frage was er mit dem Geld anstellen könnte, müsste er nicht das Defizit der Kliniken decken, wies Landrat Heimerl auf die ständig dazukommenden Aufgaben hin, die der Bund den Landkreisen aufbürdet. Ständig steigende Sozialausgaben reduziert den verfügbaren Teil des Haushalts immer mehr. Schon jetzt verschiebt der Landkreis die Sanierung von Brücken oder die Ausbesserung des Straßennetzes. Sogar die Sanierung und Erweiterung von Schulen muss warten.
Das geht vorübergehend aber nicht auf Dauer. Deshalb der Hilferuf der Landkreise an die Staatsregierung.
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Nach längerer Diskussion über die Situation im Bereich der niedergelassenen Ärzte, die darin gipfelte, dass Peter Wapler den Patienten riet nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt zu laufen, bat Staatsminister Klaus Holetschek die Problematik gemeinsam zu meistern. Daran mitzuhelfen bat er alle Zuhörer und versicherte ihnen, alles zu tun um die Versorungssicherheit zu erhalten.
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Landrat Max Heimerl bat die Zuhörer die hervorragenden Angebote auch der niedergelassenen Haus- und Fachärzte anzuschauen bevor sie Hilfe außerhalb des Landkreises suchen. Vieles kann genauso hier gemacht werden.
Zudem bat Max Heimerl, das Gesundheitwesen als vernetztes System zu sehen, in dem der einen nicht ohne den anderen auskommt. Leider hat es die Zeit nicht erlaubt, über die Pflege zu sprechen, die auch Teil dieses Systems ist. Er bat die Zuhörer mitzuhelfen den Wandel mit zu gestalten.
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Damit dankte Max Heimerl allen Teilnehmern und dankte besonders Staatsminister Dr. Holetschek, der sicher von viele Fragen wird beantworten müssen und übereichte ihm eine kleine Wegzehrung für seine Heimreise nach München.
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Das Gesundheitswesen im Landkreis Mühldorf (Fremdprogramm - Julia Lerch/LRA) |
11:00 |
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Der Landkreis Mülldorf am Inn. Ganz zentral für die Gesundheitsversorgung dort ist das Inklinikum mit seinen Standorten in Mülldorf und Haag. Der akute Fachkräftemangel, explodierende Kosten, fehlende Corona- Ausgleichszahlungen und erhöhte medizinische Standards zwingen das Inklinikum zur Neuausrichtung, die der Vorstandsvorsitzende Thomas Ewald Ende Februar präsentiert hat. Jetzt gehen wir einen völlig neuen Weg mit unserem aktuell vorgestellten Zukunftskonzept. Werden wir die medizinische und pflegere Qualität verbessern und gleichzeitig, was eben auch leider dringlicher vorderlich ist, das enorm mit Defizit auch reduzieren. Wir müssen uns vorab schieben von der bisherigen Vorstellung, wie ein Krankenhaus auszusehen hat. Es wird zukünftig viel stärker die Vernetzung von ambulanter und stationären Medizin eine Rolle spielen. Schlagwürter wie Digitalisierung, Ambulantisierung, das ist der Anspruch jetzt mit allen Beteiligten auch aus dem Niedergelassenen Bereich, aus dem Rettungsdienst mit Zuweisern, mit Patienten für Sprechern und und und diese Strukturen weiterzuentwickeln. Wenn wir nichts verändern würden, dann werden die Landkreise nicht mehr in der Lage, das heutige Angebot überhaupt zu erhalten oder auf zukünftige Bedarfe überhaupt reagieren zu können. Dabei sollen doppel Vorhaltungen aufgelöst, Leistungen zentralisiert und somit Routinen geschaffen werden. Diese medizinische Notwendigkeit sieht auch Dr. Wolfgang Richter medizinischer Leiter des Innklinikums: Wir planen die Struktur so, dass sie medizinisch für unsere Region die bestmögliche Versorgung darstellt und dazu ist das Thema Zentrenbildung ein ganz entscheidendes. Von daher ist es in jedem Fall notwendig kleine Angebote an verschiedenen Standorten zusammenzuziehen, um auf diese Art und Weise wirklich auch an der Qualität zu arbeiten. Mit hohen Fallzahlen bekommen sie Routine und die Routine ist das, was entscheidend ist, um dann am Ende auch Qualität zu produzieren und vor allem dann, wenn medizinische Abläufe nicht so verlaufen, wie man es sich vielleicht standardmäßig wünscht, sondern wenn zum Beispiel Komplikationen auftreten. Eingespielte Teams an Zentren wünscht sich auch das Pflegepersonal. Pflegedienstleiterin Anne-Marie Denke und ihre Mitarbeiter stehen hinter dem neuen Konzept. Alles was wir standardisiert abarbeiten können oder wofür es Standards gibt, erleichtert uns das Arbeiten. Wenn wir Zentren bilden, das ist ja der ganz großer wichtiger Schritt. Dann kann ich wieder sagen, okay, ich bin die Orthopädie Schwester, ich möchte in der Orthopädie arbeiten, da bin ich auch gut. Letztendlich muss man ganz klar sagen, dass die strukturellen Veränderungen, die jetzt am Inklienikum eingeleitet wurden, ab unabhängig von der Lauterbach-Reform stattgefunden haben und auch geplant wurden. Es ist für uns natürlich eine gewisse Bestätigung, dass das, was wir jetzt ohnehin hier vorhaben, auch durch die Lauterbach-Reform bestätigt und unterstrichen wird. Dass Reformen notwendig sind, ist für den Vorstandsvorsitzenden Thomas Ewald nichts Neues. Alter Wein aus neuen Schläuchen, wie er sagt. Und er übt auch Kritik. Fehlt ganz klar die Bezug zur ländlichen Region, weil das, was vor allem kommunale Kliniken leisten ist, eine wohnortnahe Versorgung in bestmütiger Qualität. Genau das leistet das Inklienikum und wird es auch in Zukunft leisten. Nur dafür muss auch die Lauterbach-Reform auch entsprechend diese Bedürfnisse der ländlichen Strukturen stärker berücksichtigen. Weiterhin fordert Ewald von der Bundespolitik einen Rettungsschirm, um das Kliniksterben umgehend abzufiedern. Was sich aber im letzten Jahr 2022 geeignet hat, hat kein Klinikmanager für möglich gehalten. Ich bin seit 20 Jahren im Geschäft auf leitender Position so ein Jahr habe ich noch nie erlebt, dass allein unsere Energiekosten und die Ausgaben für Medikalprodukte um insgesamt über vier Millionen Euro zugenommen haben. Es liegt an dem schrecklichen Krieg in Ukraine und an anderen Faktoren. Aber trotzdem landet es bei uns direkt im Ergebnis und wir können es nicht refinanziert bekommen. Und das ist leider der viel beschriebene, kaltestruktur Wandel, weil alles, was aus Berlin angekündigt wurde, sei es Ausgleichszahlungen für Geburtshilfe, Kinderstationen, Energiezuschüsse. All das sind schöne populistische Wortbeiträge. Nur bei uns in der Klinik ist bisher und so wie es aussieht auch zukünftig gar nichts davon angekommen. Einer der ersten Schritte der Neuhausrichtung war die Verlegung der Geriatrie von Haag nach Mühldorf. Können wir hier für den hochbetagten Menschen aus einem ganz anderen Portfolio an Versorgungsmöglichen schaffen, als es in einem kleineren für sich autarken Krankenhaus wie Haag möglich wäre? Auch Dr. von Klamann kämpft mit dem internistischen Fachkräftemangel. So musste die Haager Belegschaft in Mühldorf eingesetzt werden, um die Notfallversorgung aufrechtzuerhalten. Ich bin verantwortlich für das internistische Personal in Haag und in Mühldorf und es war mir nicht mehr möglich, die Dienstpläne für die Notaufnahme zu erstellen, weil wir zu wenig Personal hatten. Das junge Ärzte, wenn sie sich einen Schwerpunkt aussuchen, träumen von Intensivstationen, von Notaufnahme, von Großgeräten und Hubschrauberlandeplatz. Das ist natürlich eine Medizin, die in einer geriatrischen Klinik nicht vorgehalten wird. Aber mit dieser Vorstellung fangen jungen Ärzte an. Aber wir knapp ein Jahr schon seit mindestens drei Jahren versuchen wir die Stellen in Haag zu besetzen. Wir haben dort immer wieder Bereiche geschlossen, weil Pflege nicht ausreichend zur Verfügung gestanden hat. Es ist natürlich mittlerweile schon seit Jahrzehnten über den drohenden Pflegemangel und auch inzwischen natürlich existenten Pflegemangel gesprochen worden. Ein wenig vernachlässigt wurde die Frage, wie können wir entsprechend auch genug Ärzte bekommen, um die Versorgung sicherzustellen. Wir versuchen hier attraktive Gesamtangebote darzustellen. Es ist überhaupt keine Frage, dass es attraktiv ist für Peotsch-Studierende, also die Studierenden im letzten Jahr ihrer Ausbildung, in einem Haus kompakt wirklich die allgemeinen Medizin, die in den Praxen vermittelt wird, die Chirurgie und die Innere aus einer Hand quasi zu erreichen. Das ermöglicht das BELA-Programm der Bayerischen Staatsregierung. Es sichert eine flächendeckende und möglichst wonardnahe medizinische Versorgung. Dieses Programm absolviert derzeit Boris Schimura, der von seinen positiven Erfahrungen berichtet. Sehr guten Dozenten, sehr praxisorientiert, auch jetzt parallel im Peotsch schon mit einem Ausbildungskonzept, was dahinter steht. Gleichzeitig lernen diese jungen Mitarbeiter, dass es wirklich auch ein attraktives Leben hier in der Region gibt. Ich habe auch schon Familie und das ist eigentlich so ein Thema, was wir lange im Hinterkopf haben, auch immer wieder mit geniebäugelt in die ländliche Region zu gehen, einfach näher in der Natur zu sein, wenn man dann dort vor Ort auch arbeiten kann und nicht händeln muss. Den letzten Teil des Peots absolviert er in einer Hausarztpraxis. Gerade im Planungsbereich Müllorf droht er eine hausätzliche Unterversorgung. Das beunruhigt auch Boris Schimura.
Die Rahmenbedingungen insgesamt schlechter werden für die Patientenversorgung, aber dann auch für die Hausärzte. Tendenziell ist es ja erstmal gut, dass man sagt, das ist ein ganz krisensicher Beruf, aber wenn tatsächlich ein Mangel besteht, dann sind, glaube ich, auch die Anforderungen und die Rahmenbedingungen dann für Hausärzte, was den Patientenandrang anbelangt, auch nicht einfach. Die drohende Unterversorgung zeigt sich auch in Neumarkts und Kvalt, wo Jan Ortmann eine Gemeinschaftspraxis betreibt. In Neumarkts und Kvalt gibt es aktuell drei niedergelassene Hausärzte. Bis 2018 waren es noch sechs. Von den drei geschlossenen Praxen hat leider keine einen Nachfolger finden können, sodass sich die Patienten von zuvor fünf auf nur mehr zwei Praxen aufteilen müssen. Die Praxis ist einer der Kooperationen Standorte der TU München und des BELA-Projektes. Hier werden Studenten im praktischen Jahr ausgebildet. Um für Studenten attraktiv zu sein, versuchen wir unsere Praxis stets auf den neuesten Stand der Technik und Wissenschaft zu halten und bieten ihnen eine kostenlose Wohnmöglichkeit vor Ort an. Eine regelmäßige Ausbildungstätigkeit ist für uns eine fachliche Bereicherung frischer Wind in der Praxis und nicht zuletzt Schlüssel zur Gewinnung künftigen Personals. Dass dieser Ansatz funktioniert, zeigt sich ein Beispiel von Michael Absbacher. Ich habe letztendlich mein praktisches Jahr, das war 2019, im Rahmen des PIJ habe ich meinen Wahltier ziaal. Aber ich habe mir überlegt, dass ich das in einer Haushaltspraxis mache, um die Frage für mich zu klären, ob ich allgemein als werden möchte, ob ich das wirklich machen möchte oder nicht. Und so bin ich dann in diese Praxis nach Neumachs und Feite gekommen.
Und habe erfreulicherweise nach diesen vier Monaten gesagt, dass das mein Fachgebiet ist, weil es mir so gefallen hat, dass ich dann beschlossen habe, selber allgemein als werden zu wollen. Um der hausärztlichen Unterversorgung entgegenzuwirken, fordern Ärzte langfristig eine deutliche Erhöhung der Studienplätze. Die Zahl der Studienplätze ist seit vielen Jahren nahezu konstant, während die Zahl der Ärztestellen durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen deutlich angewachsen ist. Von der Politik wünschen wir uns daher eine rasche und substanzielle Erhöhung der Medizinstudienplätze an interessierten Abiturientinnen und Abiturienten. Mangel das nicht. Nach meinem Kenntnisstand haben wir heute immer noch nicht so viele Studienplätze für die Medizin wie vor der Wende. Förderungskonzepte wie Bieler bewertet auch Michael Abbsbacher positiv. Ein Argument für manche Studenten wirklich ist, dass sie im Pj-Jet zumindest mit einem gewissen Summe finanziell abgesichert sind. Und deswegen sind diese Förderprogramme wie dieses Bieler-Programm, dass sie schon einen Beitrag leisten können, dass sich jemand überlegt, an einem bestimmten Ort auch zum Beispiel in so einer Praxis sein Pj-Jet zu absolvieren. Die mediziner Ausbildung ist extrem teuer, das ist gar keine Frage. Aber im Prinzip wird es letztendlich noch viel teurer, wenn wir nicht adäquat versorgen können. Dass das Arbeiten in ländlichen Regionen attraktiv ist, bestätigen die Nachwuchsmediziner. Für mich war es immer klar, dass ich nach dem Studium mittelfristig wieder in eine kleinere Stadt in der Dorf ziehe, weil ich selber so abgewachsen bin und das nicht missen möchte. Außerdem gehe ich zumindest davon aus, dass die Beziehungen zwischen Arzt und Patient im ländlichen Bereich oftmals wesentlich enger und konstanter sind, als das wahrscheinlich in einer Großstadt der Fall ist. Auch Boris Shimura sieht seine Zukunft auf dem Land. Trotz der Hürden und Hindernisse, aber die hat man glaube ich überall, zieht mich das an und freizt mich einfach, da mein eigener Herd zu sein, dann irgendwann mal in so einer Praxis, kann ich mir gut vorstellen.
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Mühldorf ist bunt: Eröffnung der Wochen gegen Rassismus und für Toleranz |
12:45 |
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Der erste warme Frühlingssamstag-Nachmittag hat eine ganze Reihe politisch aktiver nicht davon abgehalten ins Foyer des Rathauses nach Waldkraiburg zu kommen wohin der Verein „Mühldorf ist bunt“ zur Eröffnung der Wochen gegen Rassismus eingeladen hatte.
Natürlich dabei waren die ehemaligen Vorsitzenden Richard Fischer und Hartmut Lang, Waldkraiburgs Bürgermeister Robert Pötzsch, Landrat Max Heimerl, Bezirksrätin Claudia Hausberger, und MdB Sandra Bubendorfer-Licht, die auch die Schirmherrschaft übernommen hatte.
Christoph Arz hatte Benoby gewonnen, also Robert Wroblewski mit bürgerlichem Namen, der als Sohn polnischer Zuwanderer weiß, worum’s hier geht.
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(O-Ton) Stellvertretender Mühldorf-ist-bunt-Vorstand Christoph Arz freute sich streng gegendert so viele Gäste und Gästinnen begrüßen zu können. Darunter eine ganze Reihe Kreis- und Stadträte, Mitglieder es Kreisjugendrings und natürlich die Mitglieder des Vereins.
Schon jetzt wies er auf die zahlreichen Veranstaltungen hin, mit denen sie das Thema Rassismus in den kommenden drei Wochen präsent halten wollen.
Allen Unterstützern und Partnern bei der Vorbereitung dankte er herzlich. Und besonders freute er sich über die Mitglieder aller demokratischen Parteien die zeigen, dass ihnen Aktionen gegen Rassismus wichtig sind.
Er war überzeugt, das Eintreten gegen Rassismus ist eine Herzenseinstellung, der jeder folgen sollte. Dafür zu werben muss jedem wichtig sein.
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Bürgermeister Robert Pötzsch freute sich die Auftaktveranstaltung in seinem Rathaus zu haben.
Als Vertriebenenstadt war Waldkraiburg schon immer offen. So leben heute Menschen aus 115 Nationen hier friedlich zusammen. Sie feiern gemeinsam, genießen die unterschiedlichsten Kulturen und heiraten untereinander. Er freute sich immer wieder das alles erleben zu können.
Trotzdem war er traurig, die verschiedenen Gedenkfeiern miterleben zu müssen. Etwa der Banater Schwaben oder der Sudetendeutschen. Wenn sie dann der Nöte der Vertriebenen gedenken fordern sie immer wieder, dass so etwas nicht mehr passieren darf. Meist schließt er mit den Worten:(O-Ton)
Wenn er dann die Ausstellung sieht, wird er wütend darüber was noch heute Kindern angetan wird, die doch nicht anders sind als unsere Kinder. Wie unsere haben auch sie die Hoffnung auf uns und eine sichere Zukunft.
Dabei können wir nicht mehr tun als selbst erste kleine Schritte zu gehen und unser Umfeld zu sensibilisieren. Nur so können wir eine Veränderung in der Gesellschaft bewirken.
Robert Pötzsch lud ein die Ausstellung zu besichtigen, die bis 31. März zu sehen sein wird.
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Benoby also Robert Wroblewski erinnerte an seine Zeit in Berlin wo er vieles erlebt hat was hier erst langsam kommt. So dankte er den Mitgliedern für Mühldorf ist bunt für ihr Engagement…
Da er selbst polnische Wurzeln hat wuchs er in Waldkraiburg auf. Um ihn herum gab es Türken, Russen, Rumänen, kaum Deutsche. Mit ihnen zusammen wuchs er in bestem Einverständnis auf.
So schlagen bis heute zwei Herzen in seiner Brust!
(O-Ton Dwa Zerca!)
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Wenn das diesjährige Motto der Wochen gegen Rassismus lautet: „Misch Dich ein“, dann gilt das für die Weltpolitik genauso wie für das alltägliche Leben, war Bundestagsabgeordnete und Schirmherrin Sandra Bubendorfer-Licht überzeugt.
Leider hat der russische Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine gezeigt, dass Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit ist. Wir alle müssen dafür sorgen, dass so etwas nicht alltäglich wird. Jeder von uns muss für andere einstehen. Dann wird klar, welches Verbrechen die Russen da begehen.
Niemand darf wegschauen, muss giftige Gedanken ablehnen und mit anderen zusammenstehen die unserer demokratischen Gesellschaft an den Kragen wollen.
So geben die Wochen gegen Rassismus auch neuen Mut für die Grundwerte unserer Demokratie einzustehen und Rassismus, Antisemitismus die rote Karte zu zeigen. So freute sie sich, dass das in Mühldorf parteigrenzenübergreifend geschieht. Der Landkreis Mühldorf mischt sich also ein!
Gerade die beeindruckende Ausstellung nebenan zeigt wie besonders Kinder leiden, die noch nicht gefestigt sind.
So lud sie zu den Veranstaltungen während der Wochen gegen Rassismus ein und forderte die Zuhörer auf, diese Einstellung zu verinnerlichen und das eigene Leben so zu gestalten.
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Benoby forderte Zivilcourage ein und unterstrich seine Forderung mit einem Lied bei dem die Zuhörer mitsingen sollten.
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Auch Landrat Max Heimerl nahm das Motto „Misch Dich ein“ auf und forderte die Zuhörer auf, alle Facetten des Rassismus zu bekämpfen. Jeder soll schon reagieren wenn er erste Anzeichen erkennt. Wie häufig Rassismus vorkommt zeigen die erschreckenden Zahlen des Rassismusmonitors des Deutschen Zentrums für Migration und Migrationsforschung. Demnach geben 22% der Befragten an selbst schon von Rassismus betroffen gewesen zu sein. 45% haben angegeben rassistische Ereignisse beobachtet zu haben. Es geht also nicht um ein Randthema, das jeden sensibilisieren sollte dagegen einzutreten.
Max Heimerl war überzeugt es schaffen zu müssen, dass die Zuwanderer mit uns leben und nicht neben uns her. Das hatte er in seiner Zeit als Leiter des Beruflichen Schulzentrums erkannt, als nach 2015 die Zuwanderer in die Gesellschaft integriert werden sollten. Damals hatte er auch widerstände erfahren. Sogar im Lehrerkollegium. Damals hatte er darauf gedrungen die Neuankömmlinge mitzunehmen und sie nicht in besondere Klassen auszugrenzen. Da das damals funktioniert hatte erachtete er es als besonderen Erfolg.
Zuletzt ist es gelungen Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Dabei haben die Bürger des Landkreises sehr geholfen und ihre Häuser für sie geöffnet.
Landrat Heimerl hoffte zwar, dass das auch weiter gelingen möge, war aber auch sicher, der Zuzug muss begrenzt werden um die Bürger, Kindergärten, Schulen und Helfer nicht zu überfordern. Sollte das eintreten kommt es wieder zu Ausgrenzung…
Damit hoffte er, von der Woche gegen Rassismus strömt der Geist des Miteinanders aus und hält die Hilfsbereitschaft hoch.
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Benoby schloss mit einem Lied über das Gute im Menschen den ersten Teil der Veranstaltung ab. „In jedem von uns...“
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Dann lud Max Wiltschka zur Eröffnung der beiden Ausstellungen ein, die nebenan zu sehen sind.
Die Lengdorfer Journalistin Jessica von Ahn stellte ihr Buch über Frieden und ein friedliches Miteinander vor. Und Max Wiltschka lud die Gäste zum Rundgang ein.
Frau von Ahn – wie kam es zu diesem Buch?
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Die Wochen gegen Rassismus brachten eine ganze Reihe Veranstaltungen und dauern noch bis 1. April. |
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Resilienz in Unternehmen - Die Eiche und das Schilf |
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